KK023 Medien, Kita, Medienkindheit...

Kulturkapital mit Helen Knauf. Foto: Tine NowakHelen Knauf ist Professorin für Pädagogik der frühen Kindheit an der Hochschule Fulda. Am Ende des Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften (DGfE) in Kassel haben wir uns zusammengesetzt und uns über die Nutzung digitaler Medien durch Kinder, Eltern und Erzieherinnen unterhalten. Helen Knauf blickt dabei vergleichend auf den Medieneinsatz pädagogischer Fachkräfte in Kindergärten der USA. Über ihre Arbeit und Forschung berichtet sie regelmässig in ihrem Wissenschaftsblog.

Veröffentlicht am 01.04.2016

Podcast-Notizen (Shownotes):

00:00:00 Einstieg
Tagung der DGfE in Kassel – Helen Knauf – Hochschule Fulda – Frühkindliche Bildung – Hat Geschichte und Deutsch auf Lehramt studiert – das Studieren genossen – das Interesse an Pädagogik wurde geweckt – nach dem Studium Promotion in der Pädagogik – Universität BielefeldDieter Baake – Medienpädagogik – wichtiger Impulsgeber – Hochschuldidaktik – in dem Bereich später gearbeitet – Interesse an Kindheit – schon im Studium – bestärkt durch eigene Kinder – Durch Baake wurden Medien als Teil der kindlichen Lebenswelt sichtbar – der Begriff der Medienkompetenz – Medien als Bildungsinhalt und Bildungsinstrument – Medien als Thema der Erziehungswissenschaft: einer von Baakes zentralen Impulse – hat Studierende ernst genommen – begeistert – 68er-Typus – die Augenhöhe suchend – beeindruckende Person – Helen arbeitet heute selbst mit verschiedenen Ausformungen des Medialen (Social Media, Blogs) – Mediennutzung im frühkindlichen Feld – Funke zur Medienbildung durch Baake? – wichtiger Impuls – Medienmainstreaming – spielen in allen Bereichen eine Rolle – „Medien“ hier als Container verwendet – vorher wenig Berührung zu Medien – Radiomitschnitte in ihrer Kindheit – WDR-sozialisiert – Musik in der Jugend – Fotografie – Spiegelreflexkamera zum Abitur.

00:08:48 Frühkindliche Bildung an der Hochschule Fulda
Hochschule Fulda – der Weg zur frühkindlichen Bildung – in Fulda starker Einsatz von Blended Learning und Online-Einsatz in der Lehre – schon vor 7 Jahren etablierte Struktur von Online-Angeboten – nach der Konzentration auf traditionelle Felder der frühkindlichen Bildung: Konzeption von Kitas, Pädagogische Konzepte, Professionalisierung der Fachkräfte, Berufsfindung wurde in Fulda das Interesse für Medien wieder angefacht – Wie sieht ein Studium der frühkindlichen Bildung aus? – mehrere Studiengänge am Fachbereich Sozialwesen – einer davon: Inklusive frühkindlichen Bildung – viele Studentinnen, – haben Berufserfahrung als Erzieherinnen o.ä. – Erzieher/in in der Regel Fachschulausbildung – berufsbegleitendes Teilzeitstudium – Präsenzwochenenden und Online-Modulen – verschiedene Themen, derzeit: Rolle der Familie, auch Wandel der Familie – führt wieder zu den Medien hin – Mit welchen E-Learning-Werkzeugen macht sie Unterricht? – Basisausstattung der Hochschule: Lernplattform (Open Olat) mit Interaktions- und Präsentationsmöglichkeiten – Standard: die Forums-Diskussion – Vorteil: zeitassynchron nutzbar (neben Arbeit und Familie) – auch synchrone Tools auf der Lernplattform.

00:14:23 Blogs in der Lehre
Letztes Jahr angefangen mit Blogs zu experimentieren – im Studiengang „Soziale Arbeit“ Blog zu Inklusion – Studierende schrieben selber Blogbeiträge rund um Inklusion – 34 Studierende, 2 Blogbeiträge pro Person – aufwendig für die Studierenden als auch für sie als Lehrende – ausführliches Feedback – hoher Aufwand – Kern des Lernprozess für Studierende und für sie als Dozentin – Lernfortschritt zwischen 1. Textentwurf und später publizierten Blogtext  – die Notwendigkeit eines Lehrcoachings wurde deutlich – Blog als „natürliche“ Schreibumgebung – notwendig, dass der Text nicht nur fachlich fundiert, sondern auch lesbar und fehlerfrei ist – andere Relevanz, da die Texte öffentlich sind – Tine: man denkt, Blog alter Hut, aber nein, für die Studierenden neu – neue Erfahrungen – die erste Begnegung von Studierenden mit neuen Medien als Lernwerkzeug wird oft unterschätzt, da man als Lehrende schon routiniert ist – Helen: zudem kommt: Studierende der Sozialen Arbeit/ Frühkindlichen Bildung sind nicht per se Computeraffin – Hürde, die es zu überwinden gilt – Wunsch mit Menschen zu arbeiten, nicht mit Maschinen – wenn die Anfangshürde überwunden ist: Erfahrung, das Tippen in die Maschine erreicht Menschen, das ist ein Aha-Erlebnis – spannende Erfahrung, wenn das Schreiben im Blog als sinnhaft erlebt wird – Was löst es aus? – Eine Fährte: Wertschätzung – Hinweis zum Vortrag von Hartmund Rosa, der auf der Kasseler Tagung über Resonanz gesprochen hat – Mediale Repräsentation ermöglicht Studierenden (aber auch Wissenschaftler/innen) eine Form von Resonanz – Teil einer Welt/ einer Community sein – eine Reaktion auszulösen – Im Spiegel des anderen ein Bild von sich selbst zu sehen, das man selbst nocht nicht in der Lage ist von allein zu erkennen – Bildungsprozesse – Goffmans Impression Management (das Steuern der Eindrücke von sich) – Wechselwirkung zwischen Aussenwirkung und Wirkung auf das Selbst – Positivspirale – erinnert an das Konzept des Identitätsmanagement (Jan Schmidt) – Jugendliche in Sozialen Online Netzwerken (SON) – auch Klaus Neumann-Braun: Fotografische Darstellung von Jugendlichen auf SON.

Kulturkapital-Produktion. Foto: Helen Knauf.

00:24:24 Twitter in der Kita
Professionelle Fachkräfte – Tweets aus Noramerika, Kanada, Großbritannien – Alltag aus den Kitas – Ausflüge – #overheardintheclassroom – warum posten die das? – gibt es das auch auf Facebook? – Suchebegriffe #earlychildhood #kindergarten – Fülle von Einrichtungen, die aus ihrem Alltag posten – Was ist die Motivation? – war Helens Thema in dern letzten zwei Jahren – qualitativ untersucht – USA-Besuch letztes Jahr – Gespräche mit Fachkräften – Twitter in ihrer Berufsrolle – Funktion der Erzieher/in bzw. Lehrer/in – Twitterchats wie EdChatDe – Wer wird erreicht? – Community-Ding? – Eltern Zielgruppe – Digital verfügbare Wege, Eltern zu beteiligen – „Es muß doch unsere Aufgabe sein, die Eltern für die Themen der Kinder zu begeistern“ – 1. andere Fachkräfte reagieren – es entsteht ein Netzwerk – in den USA gibt es auch eine Kita-Twitterchat – Kita-Fachkräfte erfahren hier viel Anerkennung, sonst eher BlackBox der Kitagruppe – Burnout im Lehrerberuf wegen Isolation, weil wenig Wertschätzung – in Kitas ist das ähnlich – Kita-Vorurteil: die sitzen da nur rum und trinken Kaffee – in den tollen Aktivitäten gesehen werden – Feedback erfahren – Foto-Posting einer „stillen Ecke“ (quiet corner) – viele Reaktionen von Kolleg/innen: Lob für Details – 2. Wenn sie etwas posten, sind sie damit nicht allein – die Kinder bekommen das mit und wollen auch posten – Die Kinder fragen: „Können wir das nicht fotografieren? Können wir das nicht posten?“ – „Schreib das mal auf!“ – Die Fachkraft twittert, die Eltern lesen das, die Kinder bekommen das mit – typisches Bsp: das Kind ist krank daheim und grüßt die Klasse – Medienbildung: Anlass zur Diskussion mit den Kindern, was man posten kann und was nicht – Was ist privat? – Sensibilisierung für Soziale Netzwerke – Kinder werden in die Nutzung einbezogen – Fotos spielen hier große Rolle – einfach, ohne Alphabetisierung – Blogbeitrag zu twitternden Kita-Kindern – Twittern via Smartboard – Kindern diktieren der Fachkraft die Tweets – Absenden Tweets händisch am Smartboard – gemeinsam Sende-Button drücken – Gemeinschaftsaktion.

00:35:55  Mediennutzung in der Kita: BRD – USA
Gleich mehrere Fragen – 1. Vgl. Situation zw. USA und BRD – Einstellung von Fachkräften in Deutschland neuen Medien gegenüber – 2. Fotos wichtig, aber wie ist das mit den Bildrechten der Kinder? Wie werden die fotografiert? Staatliche Reguliationen? – 3. Grenze zwischen Nähe und Überwachung ist fliessend – getwitterte Kindheit = überwachte Kindheit? – Antworten: 1. Situation in Deutschland – Wenig Einrichtungen, fast kein Twitter, eher Facebook – Tageseltern, die posten – überschaubar – Gespräche mit den Akteur/innen – Gruppendiskussionen in Einrichtungen – Barrieren zur Nutzung sozialer Netzwerke – sehr deutsch: soziale Netzwerke = Unterhaltung – BRD: hohes Kulturkapital, geringere Onlinenutzung (OECD Studie) – findet sich in der Nutzung für Bildungskontexte wieder – besonders wenn es um Kinder geht – sind keine Bildungsmedien (vgl. Erlebnis mit den bloggenden Studierenden) – 2. Technik als Barriere – Ausstattung der Kita (iPad, Smartboard keine Priorität) – Was darf eine Einrichtung posten? – Bilder von Kindern von hinten, nur Hände, Lösung? – Atmosphäre kommt auch ohne Gesichter rüber – grenzenlose Naivität wird ungerecht unterstellt – Gespräche mit US-Eltern: großes Vertrauen in die Fachkräfte, dass Kinder nicht identifizierbar sind – Vll. gäbe es dunkle Ecken im Internet, aber reale Gefahren (z.B. Hinweg) werden ernster gesehen – andere Priorisierung als in Deutschland.

00:42:41 Widerstände und Chancen
Elternblogs – Bilder von Kindern – Diskussionswellen zu Bildern in Blogs und Sozialen Netzwerken – Bildnutzung in der Familie – gab es Forschung sowohl im englischsprachigen als auch deutschsprachigen Raum – beobachtet Trend zur Anonymisierung in Elternblogs – Codenamen für Kinder – Sensibilität in den Elternblogs hat zugenommen, was Leute nicht abhält aus ihrem Alltag zu erzählen – Suche nach Resonanz – Medienalltag der „digitalen Eliten“ (argh – dämliche Umschreibung) – Wie gehen digital routinierte Eltern mit ihren Kindern um? – Helen greift ein Stimmungsbild der DGfE-Tagung auf: Soziale Netzwerke als neue Welt, die kolonialierst wird, die wir besiedeln – Regeln entwickeln, Tastbewegungen – Wunsch sich zu exponieren, ist bei Menschen unterschiedlich ausgeprägt – Gesellschaftliche Suchbewegung – Widerstände gegenüber Neuen Medien am Bsp. Jugendarbeiter – strukturelle Probleme – Datenschutz – den Erzieher/innen unvertraute Medien – viel andere Arbeit – Medien ein Thema unter vielen – Überdruss: „Auch das noch!“ – Kita als Schonraum – Medienfrei – Räume ohne Medienpräsenz – Junge Fachkräfte privat medienaffin (z.B. Facebook) – Ein einfacher Schritt ist die Entdeckung: berufliches posten geht genauso einfach, wie privates posten – Welche Rollen Medien spielen? – Schreckensszenario: Medien als Ruhigsteller – zurück zu Baake: Medien produktiv nutzen – Kinder nicht nur als Konsumenten von Medien betrachten, sondern konstruktive Nutzung auch durch kleine Kinder – Chance.

00:51:08 Gute Medien, schlechte Medien
Kindliche Mediennutzung – Gute Apps, schlechte Apps – Candy Crush – Doodle Jam – ernstzunehmende Apps beginnen mit 3 Jahren – Interaktion möglich – oft mit Filmen (z.B. Maus-App) – Vortrag Isabell Zorn (TH Köln) – Digitale Medien für Kinder mit speziellen Bedürfnissen in Kitas – wahrnehmbare Reaktionen durch Berührung – Steigerung der visuellen Warnehmung – einfach strukturierte Apps – auch andere Angebote: Bewegung, Welt entdecken – Kinder sind keine Automaten – Apps sind nicht immer interessant für kleine Kinder – erst mit 5 oder 6 wird das spannend – sinnvolle Apps – Bedenken, sich von Medien (haptisch/ emotional) berühren zu lasen? – Großes Vertrauen in Kinder – Kinder signaliseren, was sie brauchen – Eltern müssen lernen, das zu lesen – Totschlagargument: Das Internet macht das Leben kaputt – Das Internet ist da – die Smartphones sind da – die Apps sind da – Es nützt nicht, dass ich sage: Das ist schädlich für Kinder. Das ist ganz toll für Kinder – Es ist da, die Kinder werden es in ihr Leben integrieren und die Eltern lassen es da, wo sie es sinnvoll finden, in das Leben ihrer Kinder hinein – Was würdest Du Dir wünschen, wenn Du unendliche Möglichkeiten hättest – Helen würde bei den Erzieher/innen und Fachkräften ansetzen – machtvolle Position – das Milieu, das wir nicht Elite nennen wollen – digital divide überbrücken – kompetente Nutzung von Medien als Schlüssel zur Bildung = gutes Leben – Für was interessieren sich Kinder? – Interesse an Smartphones von kleinen Kinder – Frühpädagogische Forschung: große Rolle des Spiels – Probehandlungen – Rollenspiele – Smartphone als perfektes Spielzeug – Kinder haben auch ein Recht an Spass und Unterhaltung, das befriedigen Smartphones exzellent.

01:03:06  Wissenschaftskommunikation mit Online-Medien
Medien für Wissenschaft und Bildung nutzen – Twitternutzung – wie ist sie da gelandet? – Spaß und höherer Sinn zugleich – Wissenschaftsarbeit ist eine einsame Arbeit – Texte schreiben und lesen im stillen Kämmerlein – Twitter ist ein Weg trotzdem mit der Welt in Verbindung zu sein – Mit Twitter eingestiegen – passt in ihre Art zu denken – man entdeckt Menschen, die ähnliche Dinge schreiben, wie man selbst – sucht gezielt Menschen aus dem eigenen Arbeitsbereich – jenseits der Medienpädagogik wird das schwer (z.B. im Bereich Soziale Arbeit, Frühpädagogik etc.) – Vernetzung ermöglichen – Leute darüber neu kennengelernt – bilden sich Arbeitszusammenhänge – Leute werden dadurch auf ihr Blog aufmerksam – Interaktion und Diskurs – Twitter ist wie eine Pinnwand für andere mediale Repräsentationen – Bloggen im Wissenschaftsbetrieb – Wertigkeit von Veröffentlichungsplattformen – Was veröffentliche ich im Blog, was geht zu einem Peer-reviewten Artikel – das Blog ist für sie kein Nebenprodukt, wo die Reste hinfallen – eher ein Forschungstagebuch – näher dran an dem, was sie tut, als eine Publikation, die erst erscheint, wenn das Projekt schon vorbei ist – authentisch und aktuell – anderer Adressatenkreis – als Wissenschaftler/innen Rechenschaft schuldig, über das, was die Gesellschaft mit ihren Steuern ermöglicht – Ideen in die Diskussion einspeisen – „auch wenn es nicht der Blog ist, der die Szene rockt“ (<3) – er wird gelesen und sicherlich ziehen Menschen wieder eigene Ideen daraus – Wissenschaft nahbarer – verleiht ihr ein menschliches Anlitz – Blogempfehlungen für Eltern/ Fachkräfte: 14 Blogs um die Welt (Kita-Blogs) – die Idee einer globalen Community of Practice – die pädagogigischen Ideen wie Reggio oder Montessori werden weltweit genutzt, warum sich nicht vernetzen?

Kulturkapital KK023

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Gast: Helen Knauf (@helenknauf)
Gastgeberin: Tine Nowak (@tinowa)
Technik: Uvo Pauls/Audiohölle
Musik: „The Bottom (instrumental)“ by Josh Woodward (CC BY)

Tine Nowak

Gastgeberin des Kulturkapital-Podcasts. Arbeitet beim Museum für Kommunikation Frankfurt.

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