KK028 Augmented Reality Gaming

Franco Rau. Foto: Tine NowakFranco Rau ist an der TU Darmstadt als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Medienpädagogik tätig. In seiner Freizeit spielt er Ingress und Pokémon GO, an der Uni forscht er dazu. Wie geht er mit der Doppelrolle als Forscher und Spieler um? Und welche Erkenntnisse zur Nutzung von Augmented Reality Games wie Ingress und Pokémon GO hat er bisher gewinnen können?

Veröffentlicht am 11.02.2017

Podcast-Notizen (Shownotes):

00:00:00 Einstieg
Zu Besuch bei Franco Rau (Okt. 2016) in Darmstadt – TU Darmstadt – Ingress – Pokémon GO – Uni Potsdam: Fachdidaktik Physik – Lernen und Lehren mit digitalen Medien – Lehramt studiert – Stelle in der Medienpädagogik, ausgeschrieben an der TU Darmstadt bei Petra Grell (Professur Medienpädagogik) – seit 2013 in Darmstadt – Wissenschaftlicher Mitarbeiter – Bereich Medien/Didaktik – Gaming als Hobby aber auch als Forschungsthema.

00:03:54 Spielebiografie
1. Rechner Pentium-1 – Commander Keen – Jump & Run auf dem Computer – mit 12 Jahren – Rügen – schlechtes Internet – auf LANs gegangen – Multiplayerspiele – Counterstrike, World of Warcraft (WOW), Quake, Age of Empires – Von Strategiespielen bis Multiplayershootern – 1. Unijahr = Releasejahr WOW – Über WOW mit Clique aus Schulzeiten in Kontakt geblieben – Spielen als Gemeinschaftserlebnis – Starcraft.

00:08:57 Games im Studium
Bildungspotential von Computerspielen – Vom Einsatz im Geschichtsunterricht (Age of Empires/Anno1602) bis Debatten über Killerspiele – Games machen dick & dumm – Reflexion: Games als Teil von Jugendkultur – hat einen Wert, nicht nur schlecht – Debatten waren vor 5-10 Jahren noch deutlich anders als heute – wenn Forscher:innen über „einen selbst“ forschen – die darüber schreiben, dass es Gilden gibt, die Zusammenarbeiten, in denen sich Menschen austauschen (WOW) oder bei Warcraft das Userinterface besprechen – nie gedacht, dass das jmd. interessiert – Tagung „Clash of Realities“ – Computerspielmuseum Berlin – Vortragsreihe – Nachdenken über Bedeutung von Spielen – anderer Blick auf Computerspiele – „Das hat was mit mir gemacht“ – nach Vorträgen noch diskutiert, warum das relevant sei – Klaus Spieler (Geschäftsführer Computerspielemuseum): „Schön spielen“ – Was bedeutet schön in dem Kontext?

00:16:19 Uni Potsdam
Potsdam: Fachdidaktik Physik – davor 1 Jahr Stud. Mitarbeit bei Petra Grell (Juniorprofessur Medien und lebenslanges Lernen) – Projekt „Differenzerfahrung in Computerspielen“ – Virtuelle Welten – Irritationserfahrungen in Computerspielen – Interviewauswertung der Computerspielinterviews – Spielbeobachtung am iPad von Super Mario oder Battlefield – beim Spielen zugeguckt – Aufzeichnung des Spiels als auch Erzählung – wie man das interpretiert: was passiert auf einer Handlungs-/Bewältigungsebene usw. – erstes Mal in der Forschung beratend zur Seite zu stehen – Perspektive des Spieler-Nerds – Jürgen Fritz (Köln) Projekt zu Browsergames – Wunsch etwas ähnliches zu Travian zu machen – Funktion von Gilden / Spielergemeischaften – Idee einer verdeckten Ethnografie (Mitspielen/Binnenperspektive) – viele Daten über eigne Spielerfahrung aber keine Zeit auszuwerten – Dilemma nie aus der verdeckten Beobachterrolle herausgetreten zu sein – Forschungsethische Bedenken – erst 2012/13 wieder was zu Computerspielen gemacht.

00:23:02 Ingress: Onlinespiel
2015 Smartphone gekauft, davor schon Ingress mitbekommen, aber nicht verstanden – ohne Smartphone schwer nachvollziehbar – Ingress ausprobiert als Prokrastrination zur Diss – wollte 2014 Games auf dem Tablet ausprobieren, erinnerte sich an Ingress – mit Tablet durch Darmstadt gelaufen – man wird ein Agent (blau oder grün) – eine neue Form Materie (XM) als Chance die Menschheit weiterzuentwicklen – diese Energie wird über die App sichtbar – die eine Fraktion will die Energie zum Wohle der Menschen nutzen (Enlightened = grün) – die andere sieht darin eine Gefahr (Resistance = blau) – Kampf um die Kontrolle der Energie – Besetzung der Portale der Energie – Portale sind kulturell bedeutsame Objekte (z.B. Wanddekoraktionen, Grafitti, Mosaike, Stolpersteine, Statuen) – zu den Orten hingehen – wird als Augmented Reality verkauft, weil man hingehen muss (erweiterte Realität) – man sieht mit App mehr als ohne App – erweiterte Realität oder Fiktion – zweite Schicht durch schwarzgefärbte Googlmap – viel findet im Kopf statt – Schlacht um ein Portal – Spieler:innen beider Fraktionen stehen mit Handy um ein Portal, „Aber im Kopf kämpft man epische Schlachten“ – ähnelt Live-Rollenspielen – Mischung aus Geocaching und LARP – Geocaching im Sinne von Finden der Orte via GPS-Tracking – nicht nur finden, sondern den Ort einnehmen für seine Fraktion – verbindet mehrere Portale zu Feldern um die Materie zu kontrollieren – man kann das alleine spielen – man kann gemeinsame Aktionen machen.

00:31:03 Ingress: eigene Spielerfahrungen
Tine fing später als Franco an, Ingress zu spielen – vom Spiel gefesselt – Immersionserlebnis trotz abstrakter Story – Orientierungslosigkeit am Anfang, dann aber schnell Erfolgserlebnisse – Abhängigkeit von seiner Umgebung – Capture the flag – wurde relativ schnell angeschrieben – positive Resonanz durch regionale Spielercommunity – Einbindung neuer Spieler:innen in die Community – andere sehen, dass man spielt – Agent:in sein – keiner weiss was Du mit Deinen Smartphone machst – Wer spielt noch? – Spur erfolglos gefolgt – Gemeinsam spielen / Einsam spielen – Spielsozialisation – persönliche Unterstützug als Anfängerin – Mentoren-Sein – „der junge Padavan“ – mit anderen zusammnenspielen – bei LAN-Parties war dennoch jeder für sich allein – bei Ingress muss man sich treffen und sehen – Vernetzung über Hangout und Community.

00:39:14 Vergleich Ingress mit Pokémon GO
Mit dem Handy spielend rausgehen – sich im Raum draussen bewegen – Pokémon GO – nutzt gleiche Infrastruktur – Portale sind nun Pokéstops – Orte, wo viele Pokémons sind, sind ort wo viel Ingress-XM fliesst – andere Geschichte mit niedlichen Figuren = Publikumserfolg – plötzich finden das ganz viele Menschen super spannend – Ingress schwer vermittelbar – man kann mit Pokémon GO nun Ingress besser erklären.

00:42:23 Ingress: Forschungsprojekt
Zeitungsartikel zu Ingress (Zeit Magazin zu Friedhöfen/Gedenkorten) – negative Wertung des Spielens – Aufklärung zur Bedeutung für die Spieler:innen – Forschungsprojekt – Welche Bedeutung hat das Spielen für erwachsene Spieler – Handy-/Datenvolumen – Interviewprojekt – Bedeutung des Spielens für Ingressspieler:innen – 3 Themen – 1) Spiele & ich – 2) Spiel, ich und andere – 3) Verhältnis zum Raum/Stadt – Eigeninteresse, keine Förderung – gibt kaum Forschung zu Ingress – wenige Beiträge zu Ingress als Augmented Reality Game – eher als Bsp. in der Angwandten Informatik als Spiel, bei dem man sich Draussen bewegen muss – wenig bisher zur Spielhandlung – Torsten Quandt, Arbeitsgruppe zu Freundschaft beim Spielen – Ingress als Bsp. fürs Spielen bei dem man sich Treffen muss – Erziehungswissenschaftliche Perspektive – Qualitativ forschend – Interviews als Gesprächsform über das spielen – Erzählimpulse geben – Biografische Erfahrungen zu bestimmten Themen – Welche Bedeutung hat das Spielen – Bei einem Ingress-Treffen Forschungsflyer verteilt – gestreut über Google+-Communitys – 12 leute (6 Grün/ 6 Blau) – Interviewmaterial – offenes Kodieren – was ist das Bedeutsame in verschiedenen Interviews – Formulierungen zu Veränderungen (Transformationsprozesse) – z.b. Freundschaften über Ingress – Bedeutsame Erlebnisse – Zugehörigkeitserfahrungen z.B. bei Events (Anomalien).


Grell & Rau – Ingress In Adult Life – ECER2016 von Petra Grell

00:58:17 Pokémon GO und die Ingress-Infrastruktur
Interface-Analyse – Interaktionsmöglichkeiten und deren Wahrnehmung durch die Spieler:innen – Portale eingereicht von Menschen – nicht mehr real existierende Ingress-Portale – Diskussion dazu in den Communitys – Pokémon GO > nur noch ein Bild, keine Bildunterschrift des Ingress-Urhebers – Verlust des Kontexts und mit dem Objekt selbst – Umgang mit Pokestops anders als mit den Portalen – Repräsentation der Objekte in den Spielen – Ingress-Missionen zu fehlenden Objekten wie Schnitzeljagd – Portale bei Ingress von Nutzer.innen eingereicht und genehmigt – Ingress-Fotos tauchen nun bei Pokémon GO auf – ein Teil der Portale wurde zu Stops und Arenen umgewandelt.

01:04:05 Pokémon GO: Forscherperspektive
Infrastruktur übernommen mit anderer Geschichte – wie verändert das das Projekt? – Wenn man sich nicht bei Ingress verabredet, trifft man selten andere Spieler:innen – bei Pokémon GO wurde mitunter öffentlicher Raum besetzt – Massenansammlung beim Pokémon GO-Spielen – leere Plätze wurde in Darmstadt belebt – Aneignung vom Raum als Differenz zu Ingress – Ingress = Wahrnehmung verändert sich – Pokémon GO = Orte veränderten sich – Verhältnis zum Ort – Undercover-Haltung vs. Öffentliche Präsenz – weniger Gegeneinander, sondern man spielt nebeneinander – Ausblick für Forschung noch unklar da erstmal das Ingress-Projekt fertig ausgewertet werden muss – Pokémon GO noch zu neu – Vermischung von Forscher- und Spielerperspektive.

01:12:38 Pokémon GO: Spielerperspektive
Gegenseitige Befruchtung – Medialer Hype – FB-Communitys zu Pokémon GO – Diskussion bei Pokémon GO: z.B. sind Tracking-Seiten/ Live Maps erlaubt – kontroverse Diskussion – Live Maps sind komfortabel: wo sind bestimmte Nester – Ingress Communities leiden darunter, dass nicht alle Langzeit-Spieler:innen werden – bis Level 8 geht es gut, danach wenig Anreize – Gefahr, die Lust am Spiel zu verlieren – neue Leute anwerben, weil andere wegbrechen – Motivationsverlust, weil es immer schwieriger wird neue Levels zu erreichen – Der Pokémon GO-Hype ist vorbei – es zeigt sich nun, wer Pokémon GO-spieler:in ist und wer nicht – Änderungen im Spiel z.B. bei den Nestern.

01:20:16 Pokémon GO: Hintergrundstory
Es war einmal: Ein Professor sucht nach Exemplaren, um die Welt der Pokémon zu kartografieren – Pokédex als Instrument Informationen zu sammeln – Motto: „catch them all“ (YouTube Song) – Sammeln, Kämpfen, Optimieren – Ingress eine Science Fiction Story – Pokémon GO eine Kartografierungsgeschichte – erinnert an Carl von Linné – Das Wissen um das Spiel erklärt sich nicht über die App – auch die Kulturgeschichte der Pokémon erklärt sich nicht durchs Spielen – eigener Zugang über Gameboy und TV-Serie – z.B. Wissen um Eastereggs wie Namensänderung zu Sparky etc.

01:25:17 Lernen mit Pokémon GO
Auf die Welle des Hypes aufspringen und zum formalen Lernen nutzen – Dueck (Merton Magazin): Pokémon Know – Lasst uns den Hype nutzen – in der Lebenswelt fkt. das Spiel gut – nicht umproblematisch informelle Erfolge für formales Lernen nutzen – z.B. Serious Games – Mechaniken verstehen, um das zu Adaptieren – der Versuch Informelles zu formalisieren vernachlässigt viele Aspekte – Gamification allein fruchtet nicht einfach so – von Bedeutung Lebenswelt mit einzubeziehen für Reflexion – z.B. Videogame-Essays von Studierenden (Biermann, Uni Magdeurg > PDF).

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Gast: Franco Rau (@francorau)
Gastgeberin: Tine Nowak (@tinowa)
Technik: Uvo Pauls/Audiohölle
Musik: „The Bottom (instrumental)“ by Josh Woodward (CC BY)

Tine Nowak

Gastgeberin des Kulturkapital-Podcasts. Arbeitet beim Museum für Kommunikation Frankfurt.