KK029 Migros Makro Making

Dominik Landwehr. Foto: Tine NowakDominik Landwehr ist Leiter Pop und Neue Medien beim Schweizer Migros-Kulturprozent. Ich hab mich mit ihm in Zürich über die Ausgestaltung der von ihm geförderten Schwerpunkte unterhalten. Dabei ging es um die Entwicklung von Netzkunst bis zu Digitaler Kultur und entlang von Partizipation über DIY zum Making. Was die Zukunft der Kulturvermittlung uns abverlangt macht uns etwas ratlos, aber wir sitzen im Zug namens Digitalisierung und reflektieren das Gegenwärtige bei voller Fahrt.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Podcast-Notizen (Shownotes):

00:00:00 Was ist das Migros-Kulturprozent?
Zu Besuch in Zürich (Okt. 2016) – Migros-Genossenschafts-Bund – Kulturfond nennt sich Kulturprozent – Referent für den Bereich Pop & Neue Medien – Kulturstiftung – Genossenschaft – Genossenschaftliche Idee – in der Bevölkerung verankert – Das Geld kommt aus den Einkäufen.

00:05:47 Partizipation als Leitidee der Migros-Projekte
Über den Katalog der DIY-Ausstellung haben sich Tine und Dominik 2011 kennengelernt – Artikel zu Roboter-Wettbewerb des Migros-Kulturprozent – Dominiks Arbeitsbereich – Leitideen: z.B. Partiziapation als gesellschaftliche Teilhabe – seit 20 Jahren dabei – Mach mal was mit Technologie – Bereich Kinder & Jugendliche: Empowerment – Bereich Kunst: Digitale Kultur (Robotik, Retro Computing, Public Domain, Medienkunst usw.) –

00:10:32 Digitale Kultur und Audience Development
Verweis Episode mit Karl Heinz Jeron – Netzkunst – Eröffnung ZKM – neue Festivals – Euphorie – kurzlebiger Hype – Umfang der zukünftigen Digitalisierung noch schemenhaft – Link zu DIY im Machen/ Selbermachen wg. Leitidee der Partizipation? – Kunst der Partization – Biografische Nähe – Handfeste Vermittlungsfomen – Mobile und pragmatische Zugänge – Künstler, die Werke schaffen – Aus den Werken heraus Konzeption von Workshops für das breite Publikum und Kinder – Stelarc – Zusammenarbeit mit anderen Künstler:innen – Hamburger Künstlerkollektiv F18 – Bau von Maschinen – Workshops mit Kindern – Bei Projekten Gretchenfrage: Kann man das auch in Form von Workshops vermitteln? – Wurde zum Prinzip – Anfangs wurde dieserAnsatz nicht sehr ernst genommen, wurde ab den 2000er Jahren jedoch salonfähiog – Entwicklung: Audience Development (deutsch: Kulturvermittlung) – Neue Formen der Vermittlung – Hands On-Workshop als ideales Mittel – seit 10-15 Jahren gibt es in allen Kultursparten Workshops – die Pionierarbeit von damals ist heut Standard.

00:21:04 Von Hands-on zu HOME MADE
Home Made Bücher – pragmatisches Publikationskonzept – Vorbild Make ZINE – Lust bekommen etwas zu machen – Klanglabor – Selberbau von Klanggeräten – Klanggarten von André Golliez (Versteckte Tonerzeuger im Garten) – Akustische Skulptur – Stahlfeder-Versträrker – Cicuit Bending Musikhacks – floss alles zusammen im ersten Buch HOME MADE Soundelectronics – Kleine Klangkunstwerke mit wenigen Mitteln – nächster Band zu Kunst & DIY – der Dritte Band zu Biohacking – mit einfachen Mitteln in die Welt der Biologie vorstossen – Bsp: Webcam-Umbau zum elektr. Mikroskop – Marcel Dusselier – Projekte in Indien und Asien – Home Made Labor.

00:33:35 Digital Brainstorming
Spielort 1: Jugendwettbewerb (bugnplay) – Spielort 2: Digital Brainstorming-WebseitePodcast & Videos – Wandlung: von Partizipation & DIY zu Maker-Projekten – Maker-Trend und DIY mehr als Hype – Dinge mit eigenen Händen gestalten als Gegenbewegung zu den unübersichtlichen Technologien, die uns umgeben – Bsp: Boom des Kochens.

00:38:47 Wendepunkt: Algorithmen
Steuerung der Wahrnehmung und des Alltags durch Algorithmen – Zensur und Review – Amerikanische Moralvorstellung – Auswahl durch Algorithmen – Bots – Twitterbots – Trolle und Hatespeech – Trollringe – organisiertes Mobben – „Weiterleben“ als Bot (Artikel).

00:46:12 Von der Utopie zur Dystopie
Was ist eigentlich heute? – Ernüchterung – Zeitgeistige Projektionen: Hoffnung und Euphorie des Web2.0 – Empowerment – Revolution von Unten – Dinge realisieren sich anders als erhofft – Ängste z.B. durch Verstärkerfkt. der neuen Medien: Rassismus, Nationalismus, Trump – Soziale Netzwerke haben kein Gewissen, sind Mechanismen – Verbreitung problematischer Inhalte – Schnelligkeit – An den traditionellen Medien vorbei – ein Unbehagen – Unkontrollierbarkeit durch den Einzelnen vs. algoritmische Fremdbestimmung – Potenzierte Automation – z.B. Sportberichterstattung – Man kommt kaum hinterher Formen und Handlungsweisen für Zukunftsszenarien zu entwickeln – Automatisierung von geistiger Arbeit – Dinge könnten möglich sein, die wir bisher für unmöglich hielten.

00:54:17 Bildung für die Zukunft
Bots programmieren als Kultuprogramm? – Wo geht der Zug hin? – Standortbestimmung – Wollen wir das alles? – Wir können nicht innehalten – Wir sitzen im Zug, von dort aus hinterfragen und neu lernen – Nachdenken über das Lernen – Es gibt kein Zurück – Es gibt keine Alternative zur Aufklärung – Rückzugsstrategien – z.B. – Funktioniert im Kleinen – Keine Antwort für die Mehrheit – Ängste etwas zu Verpassen – Bsp. Schweiz: wenn der Naturwissenschaftl. Unterricht nicht gefördert wird, dann verliere man Anschluss an die Welt – Unterkomplexe Modelle von Bildung und Erziehung – Plädoyer für Reflexion des eigenen Verhaltens statt Trends hinterherzurennen – Mut zur Pause – Mit zunehmenden Alter wird deutlich, dass man nicht beliebig Zeit hat – Zeit sinnvoll einteilen

01:02:00 Making: Fokus MINT
Mint – Maker-Hype – Fasernerd (Nahlinse) – Crafting – einst: DIY als Substitut für Alles – dann: Ausdifferenzierung – Trend: Maker-Movement statt DIY-Bewegung – Maker Education in Bibliotheken, in Schulen – Handarbeit = Crafter:in oder Fasernerd – Technik = Maker:in – Technik, IT, MINT findet Weg in den formalen Bildungsbereich – Förderung mit staatlichen Mitteln – Crafting nicht – Coding hingegen schon – Technologie > Ingenieur > MINT – MINT-orientierter Bildungskanon – Produktives Missverständnis – Geförderte Künstler wurden eingeladen für Schulprojekte – Elektrobasteln mit Kümnstler:innen, weil es nichts anderes gab – die Künstler:innen wollten nicht das Technikverständnis erhöhen, sondern es ging um Kreativität – Umgang mit Technik Nebenprodukt.

01:07:36 Wiederkehrende Hypes und Trends
Stricken – Stricken in Vorlesungen (1980er Jahre) – Bsp. Werkstätten: gab es alles schon mal – Fotoräume in Jugendzentren, Töpferräume, Räume zum Selbermachen – Infrastrukturen und Personal – in der Schweiz populär: Gemeinschaftszenren in Stadtquartieren – Rückbindung an die 1970er Jahre – Werkbuch für Jungen (Aufsatz) – 1960er Jahre -Bastelzeitschrift (Prctic/DDR und Selbst ist dervMann BRD) – Wert durch das Selbermachen – das nicht Perfekte – Elektrische Musik – Was früher ein Makel war, wird heute zum Asset.

01:14:19 Biografisches zum Ausklang
Bücher zur Modernen Technik als Kind gelesen – mit Anleitungen darin – Radiobasteln – Radiogerät selbst gebastelt – Detektorempfänger – inspirierend – auch wenn nicht immer alles funktioniert – kam mit 12 Jahren in eine kath. Klosterschule, dort gab es ein Elektroniklabor – geleitet von einem Benediktinermönch – Schaltungen nachgebaut – Schlüsselerlebnis, die ihm die Welt der Elektronik geöffnet hatte – Liebe zur Elektronik ist geblieben, trotz geisteswissenschaftlichen Studiums – Selfie zum Schluss.

KK029 Migros Makro Making, Foto: Domink Landwehr

Gibt es zu der Episode noch offene Fragen oder Ergänzungen? Dann schreibt uns in den Kommentaren. Wenn die Episode oder der Podcast Euch gefallen hat, dann könnt Ihr uns mit einer Bewertung oder Rezension bei iTunes eine Freude machen.

Gast: Dominik Landwehr
Gastgeberin: Tine Nowak (@tinowa)
Technik: Uvo Pauls/Audiohölle
Musik: „The Bottom (instrumental)“ by Josh Woodward (CC BY)

Tine Nowak

Gastgeberin des Kulturkapital-Podcasts. Arbeitet beim Museum für Kommunikation Frankfurt.