KK003 Aktiv Fernsehen

KK03_HillgaertnerFernsehen als Beruf? Harald Hillgärtner untersucht nonfiktionale Fernsehshows und spricht vom aktiven Rezipieren statt passiven Fernsehen. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt und forscht zur Medientheorie des Computers und zuletzt zum Fernsehen.

Veröffentlicht am 12.2.2013

Podcast-Notizen (Shownotes)

0:00:00 Einleitung
Harald Hillgärtner, Medienwissenschaftler / Doktorarbeit „Das Medium als Werkzeug. Plädoyer für die Rehabilitierung eines abgewerteten Begriffes in der Medientheorie des Computers “/Hintergrund: Computer als Medium war am Anfang seines Studiums (1995) noch recht neu, es zeichnete sich schon ab, dass es das Medium der Zukunft würde/ Computer wurde dann Thema in der Medienwissenschaft/ Medienideologische Linie: Die Medien und Technik sind uns immer ein Stückweit voraus/ Diskurs: Der Computer sei kein Werkzeug, sondern ein Medium/ Nutzungsmetapher 1: Computer als Maschine (Lochkartenberechnungen)/ Nutzungsmetapher 2: Computer als Werkzeug (selbstgeschriebene Programme, erste Hacker, Nutzer „kontrolliert“ Computer)/ 3 Computer als Medium (Netzwerk, Maus, bunte Monitore, Interfaces, Computer „kontrolliert“ Nutzer)/ Politischer Impetus der Doktorarbeit

00:12:39 Fernsehen ist Unterhaltung
Statt passiven Fernsehzuschauen finden sich aktive Nutzer, die Fernsehformate via YouTube (u.a.) konsumieren, verarbeiten, umgestalten/ Zukünftig: Fernsehen als Teil des Webkontinuums/ YouTube als Konsequenz der Fernsehentwicklung/ Harald Hillgärtners Thema: Fernsehshows der Gegenwart/ Im Seminar mit Studierenden in Braunschweig 2010: „Schlag den Raab“, „Rach ,der Restauranttester“, „Supernanny“, „Zwegat – Raus aus den Schulden“/ 2011 Seminar mit Stierenden in Frankfurt/M.: weitere Shows wie u.a. „Voice of Germany“/ Fernsehen hat eine bestimmte mediale Eigenschaft und Spezifik/ Zuschauerorientierung/ Fernsehen als getriebener Dämon, der darauf angewiesen ist, dem Publikum zu gefallen/ Literatur hat mehr Autonomie entwickelt/ Bsp: Podiumsdiskussion Literaturkritik 2.0/ Leser schreiben Kritiken/ Autor hat die Kommentarfunktion auf seinen Blog ausgeschaltet/ „Ich bin der Autor“/ Nicht für das Publikum schreiben/ Fernsehen ist das Gegenteil davon/ Fernsehen will Einschaltquoten und Publikum/ Fernsehen will am Zahn der Zeit sein

00:19:26 Scripted Realities
Scripted Reality: Laiendarstellern spielen Realität/ Vorwurf: man könne Show von Realität nicht unterscheiden/ Sichtbare Inszenierungsstrategien: Unmöglich reale Kameraeinstellungen/ Großer Anklang beim Publikum/ Sender schauen, was die anderen machen, greifen es auf und variieren es/ Fernsehen als Versuchslabor/ Realität und Inszenierung verschwimmen/ Hybride Realitäten/ Großer historischer Fernsehmoment: Krönung Königin Elisabeth/ Zuschauer saßen wie „in der ersten Reihe“/ Fernsehen imaginiert näher dran zu sein als die Leute vor Ort/ Ist als Medium an nächsten an der Realität dran, obwohl immer eine Auswahl an Wirklichkeitsmaterial stattfindet/ Die Fußbroichs: Kölner Arbeiterfamilie/ Erstes deutsches Scripted Reality Format/ Filmerin: Ute Diehl/ Anfangs unbefangen, mit der Zeit stärker Selbstinszenierung für das Fernsehen/ Darsteller beginnen mitzudenken: Was könnte die Sendung noch spannender machen?/

00:33:49 Bildungsfernsehen
Das Öffentlich-rechtliche Fernsehen läuft anderen Moden hinterher/ Quizshows zu allen Themen/ Chart-Shows fkt. bei Privat wie bei Öffentlich-rechtlich/ Programmauftrag bei den Öffentlich-rechtlichen: Bildung/ Für Regionalsender prima: regionale Identität mit Chartshows/ Die 100 tollsten Sehenswürdigkeiten, Rezepte, Witze etc./ Große Zeit der Nationalideologie ist vermeindlich vorbei/ Fernsehen macht das immer noch: Konstruktion eines Selbstverständnis der Deutschen/ Fernsehen lädt von seiner apparativen Anordnung zum Berieseln ein/ Zum Dispositiv des Fernsehen gehört die Berieselung dazu und das findet sich in den Programmen wieder/

00:42:19 Rückkanal
Fernsehen ist flüchtig/ Bildungsfernsehen dient nicht zur Vertiefung (Keine Links, kein Lesezeichen etc)/ Neue Phänomene: Parallelkanal bei Twitter (Rückkanal)/ Verschiedene Wissensformen: populäres Wissen findet mittlerweise auch Beachtung von der Wissenschaft/ Populäres Wissen findet im Fernsehen statt/ Schlag den Raab als Bsp./ Fernsehinhalte rauschen an einem vorbei/ Facebook & Twitter als Zuschauerkommentierung beim Öffentlich-rechtlichen Fernsehen/ Popcorn/ Villem Flusser: Universum mit technischen Bildern (1986): In einer unbenannten Zukunft würden die technischen Bilder die Geschichte verschlungen haben/ Die Geschichte steht Nutzern auf Displays zur Verfügung um sie individuell zu kombinieren/ Vorläufer des Rückkanals: Telefon, TED/ Louis Bec Medienkünstler meets Flusser/ Videoessays/

00:54:44 Aktive Zuschauer
Zuschauer daheim abholen/ TV-Trash (Buch): Knut Hickethier Aufsatz/ TV Show: Verständigungsprozess über Gesellschaft/ Modernisierungsprozess durch das Fernsehen/ Wir als Zuschauer in der Rolle des Begutachters/ „Germanys next Topmodel“: Mädchen präsentieren sich der Jury/ „Dschungelcamp“: Stars präsentieren sich dem Publikum/ Publikum wird in die Rolle des kritischen Richters versetzt/ In Kino und Roman geht es um Identifikation mit dem Helden/ Beim Fernsehen beurteilen wir (Handlungsrolle)/ Soziale Handlung / Fernsehen drängt uns in eine aktive Rolle/ Fernsehen schafft Anschlusskommunikation/ Luhmann „Realität der Massenmedien“/ „Beauty & the Nerd“/ Abgebildete Vorurteile/ Nerds „hässlich“ und klug/ Beauties schön & „kalt“/ Beide Gruppen nähern sich an, überwinden Stereotypen

01:09:24 Gemeinsam Fernsehen
Fernsehen verliert sein Potential/ Massenmedien haben eine integrierende Funktion/ Referenzen an die Kindheit/ Gesellschaftsintegrierende Kraft des Fernsehens/ Wenn es zu hybrid geht diese Kraft verloren (Balcanisierung)/ Statt Schulhofgespräch Twittergespräch/ Zapp-live TV gab es schon früher: Videoplattform mit Chatfenster/ Vgl: Fernsehstuben und Kneipen, wo man sich trifft/ Wenn Leitmedien ihre Stellung verlieren, werden sie neu verhandelt/ Vll. hat Fernsehen in Zukunft Potential zu großer Gemütlichkeit/ Lorenz: Fernsehen als Tempo der Langeweile/ Zeittotschlagen/

01:19:08 Fernsehen: Gute Unterhaltung?
„Gute Unterhaltung“ (Arbeitstitel von Harald Hillgärtners Büchlein) / Dispositivtheorie/ Wie erzeugt der Apparat bestimmte Zuschauergewohnheiten?/ Wie adressiert uns das Fernsehen?/ Fernsehen ist Zuschauer zentriert/ Zuschauer nicht nur Opfer der Unterhaltung (Postman)/ Zuschauer als Kritiker und Richter/ Das Kino überwältigt uns, da Fernsehen macht uns zu kritischen Betrachten (Hickethier)/

Gast: Dr. Harald Hillgärtner
Gastgeberin: Tine Nowak (@tinowa)
Technik: Uvo Pauls/Audiohölle
Musik: „The Bottom (instrumental)“ by Josh Woodward (CC BY)

Tine Nowak

Gastgeberin des Kulturkapital-Podcasts. Arbeitet beim Museum für Kommunikation Frankfurt.